Ich öffne am Morgen die Gardine. Ich schaue aus dem Fenster und gucke auf eine Klimaanlage. Ob sie in Betrieb ist, weiß ich nicht. Ich schaue aus dem Fenster und sehe weiter hinten ein kleines fleischfarbenes Haus mit einem Gerüst davor. Das Haus gefällt mir, es hat etwas altmodisches und sein Giebel ist aus Holz. Daneben ist ein ähnliches Haus mit einem ähnlichen Giebel, der jedoch aus Stein ist und sehr verwittert. Dieses Haus hat Balkone, auf denen vielleicht einmal jemand sitzt und zu mir hinschaut. Ich schaue aus dem Fenster und sehe einen Abluftschacht, der ist türkis gestrichen und die türkisfarbene Farbe ist auch auf dem Regenrohr, das daneben ist. Ich schaue aus dem Fenster und denke, dass der angekündigte Regen vielleicht bald kommt. Ich schaue aus dem Fenster und sehe ein Dach, das ist mit lauter neuen Ziegeln gedeckt, auch sie sind fleischfarben. Unter diesem Dach verläuft ein türkisfarbenes Band, wieder darunter hat wer auf die weiße Wand graue Menschen gemalt, die ich nicht kenne. Einer könnte Beethoven sein, aber er ist es wohl eher nicht. In der Wohnung gegenüber, von der ich nicht weiß, ob jemand dort wohnt, steht ein Ventilator, von dem ich nicht weiß, ob er in Betrieb ist. Der Ventilator in meiner Wohnung dreht sich und bringt doch kaum Frische. Ich schaue aus dem Fenster und lese den Schriftzug auf dem weißen Haus gegenüber: Film-Yönetmenleri, schwarze Lettern auf weißem Grund. Das ist eine Schule für Regisseure, hat mir gestern jemand erklärt. Yönetmen heißt Lehrer. Das ist eines meiner ersten türkischen Wörter. Dass gegenüber Regisseure sind und Filme gemacht werden, gibt mir ein heimatliches Gefühl. Hinter der Schule ragt ein Haus hoch, dessen Außenputz ganz verwittert ist. Im obersten Stockwerk kann man durch Fenster in den Himmel schauen. Jetzt fliegt eine Möwe von links nach rechts an meinem Fenster vorüber. Ich höre sie nicht. Ich habe die Fenster geschlossen. In der Nacht, als es etwas kühler war, habe ich die Möwen schreien hören, die Menschen reden, ich hörte die Musik aus den Bars und Restaurants und den Meywanes, das sind die Lokale, wo man Alkohol trinken kann. Artist Café heißt das Café unten in meinem Haus. Vor dem Café, das streng genommen aus drei verschiedenen Cafés besteht, die alle einem Besitzer gehören, hängen bunte Schirme, die eine Touristenattraktion sind. Der Besitzer des Cafés heißt Hakim und ist gläubig, hat man mir gestern gesagt. Er gibt mir Discount, wenn ich in seinem Café einen Tee trinke. Den Tee gibt es in drei Stärken. Ich soll die schwächste Stärke nehmen, aber wie das türkische Wort dafür ist, habe ich schon wieder vergessen. Wenn ich sage, dass ich einen normalen Tee möchte, ist er schon zu stark, hat man mir gesagt. Ich schaue aus dem Fenster und sehe im Spiegel der Fenster der Wohnung links gegenüber ein sandfarbenes Haus mit fleischfarbenen Ziegeln, eine mit Grün bewachsene Terrasse und einen dunklen Vogel, der darüber hinweg fliegt. Ich kann mich selber im spiegelnden Fenster von direkt gegenüber nicht sehen. Ich sehe, dass hinter der Klimaanlage eine Art Kühlschrank steht. Die Wohnung wirkt unbewohnt. Ich sehe, dass in den Fenstern der Wohnung auf der anderen Seite ein Haus gespiegelt wird, welches kleine dunkle und helle Steine hat und welches das Haus sein muss, in dem ich sitze und nach draußen schaue. Jetzt fliegt ein Flugzeug hoch hinter dem fleischfarbenen kleinen Haus gegenüber, das so liebevoll angestrichen und renoviert wurde, als hätte es jemand gerne. Als das Flugzeug im rechten Ausschnitt meines Fensters verschwindet, höre ich noch eine Weile seine Motoren. In der Ferne steht in einem Haus ein Fenster offen. Eine Gardine weht im Wind.