Mehmed, die türkische Version des Namens vom Propheten Mohammed, ist hier in der Türkei ein Allerweltsname; den kann theoretisch jeder Mann tragen, sagt Zeynep und dann sagt sie, dass ihr eigener Name Zeynep auch so ein Allerweltsname ist. Er kommt aus dem Arabischen und bedeutet Schmuck des Vaters, lese ich später. Und dass die Enkelin von eben dem Propheten auch Zeynep hieß. Ganz viele Türkinnen zwischen 40 und 60 Jahren heißen Zeynep. Auf türkische Namen gekommen sind wir übrigens, als wir bei unserem gestrigen Spaziergang durch Balat über meine letzte Lesung in Istanbul gesprochen haben, bei der wir die beiden islamischen Lehrerinnen Zeynep und Aische kennenlernten. Aische. Das ist auch so ein Allerweltsname, sagt Zeynep und dass ihre Eltern ihr und ihrer Schwester diese beiden Namen gegeben haben, weil sie sie schön fanden: Zeynep und Aische. Auch Aische kommt aus dem Arabischen und bedeutet die Lustige. In der Generation vorher gab es für Frauen vor allem arabische Namen, sagt sie mir ddann und zählt die Namen ihrer Großmütter auf und krümmt sich dabei, so furchtbar findet sie sie. In der Türkei ist es also anders als in Deutschland nicht Mode, altmodische Namen zu vergeben. Zeyneps Sohn hingegen trägt schon zwei etwas altmodische Namen, den seines Vaters und den seines Großvaters. Bis er sechs Jahre alt war, nannten ihn alle beim Namen des Großvaters: Cetin. Aber plötzlich gefiel ihm das nicht mehr und er verbat sich das und wollte von da an nur noch beim Namen des Vaters genannt werden, Hakan. Hakan ist ein bisschen internationaler, den Namen gibt es als Håkan auch in Dänemark und es ist in der türkischen Namensgebung der persische Name für Eroberer. Im Türkischen gibt es viele Namen, die sowohl für Jungen als auch für Mädchen vergeben werden. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass das Türkische an sich ja keine Geschlechter hat. Ich denke an meinen Deutschschüler Baran, dessen kurdischer Name Regen bedeutet. Es gibt auch eine türkische Entsprechung des Namens Regen: Yağmur. Aber Yağmur ist ein Name, den nur Mädchen tragen. Es gibt also in der Türkei einen weiblichen (türkischen) Regen und einen männlichen (kurdischen) Regen. Ich frage Zeynep, ob man in der Türkei anhand des Namens sehen kann, aus welcher sozialen Schicht jemand kommt. Und erzähle ihr auch von der Mode der Justins und Kevins in Deutschland. Sie sagt, dass sei in der Türkei nicht so, dort würden keine amerikanischen Namen vergeben. Die Türken bleiben bei ihren türkischen Namen. Aber neuerdings seien einige türkische Namen in Mode gekommen, die es vorher so kaum gegeben habe, zum Beispiel Ilayda und auch Merve. Diese Namen hätte sie früher nie gehört. Auch der Name der Tochter des Präsidenten, Sümeyye, den man vorher nie gehört habe, sei jetzt sehr populär. Man könne auch anhand der Namen nicht erkennen, ob jemand religiös sei. Die Religiösen würden dieselben Namen vergeben wie die Nichtreligiösen. Zeynep findet es gut, dass sie so einen Allerweltsnamen trägt, mit dem sie untergeht in der Masse und der es mir ja auch so enorm erschwert hat, sie im Internet ausfindig zu machen. Gar nicht gut findet hingegen ihren  Namen meine Freundin Hivda, die kurdische Journalistin und Schmuckverkäuferin. Ihre Eltern wurden nach der Geburt ebenso wie die Eltern ihrer Cousine gezwungen, den Mädchen türkische Namen zu geben anstelle der kurdischen, die die Eltern gerne wollten. Also steht in Hivdas (Hivda bedeutet brennender Mond) Ausweis nun seitdem der türkische Namen Sevda (Liebe). Und bei ihrer Cousine Roshda (brennende Sonne) steht seitdem der türkische Name Rüya (Traum). Während aber Rüya heute zufrieden ist mit ihrem türkischen Namen, ist Hivda es nicht. Als ich sie gestern Abend zum ersten Mal nach meiner Rückkehr nach Istanbul besuche, strahlt sie mich an und zeigt mir ein offizielles Papier. In drei Tagen ist ihre Gerichtsverhandlung, in der es genau um ihren Namen geht. sie möchte endlich ihren kurdischen Namen offiziell eintragen lassen und ist guter Hoffnung, dass alles so klappt wie erwartet. Die Verhandlung ist bei einer Richterin, da kann es gar nicht anders sein! Dann fängt endlich mein richtiges Leben an, sagt sie. Ich werde ihr an dem Tag die Daumen drücken!